Dieses Mal im Interview ist Alex Rawlings und wir sprechen über das Thema „Motivation und Sprachen lernen“.
Alex kommt aus Großbritannien. Er ist ein sogenannter Hyperpolyglott und spricht 15 Sprachen aktuell und das gerade Mal im Alter von 25.
2012 wurde er als Großbritanniens meistsprachiger Student ausgezeichnet.
Aktuell unterrichtet er online Deutsch, Russisch und Griechisch und lebte in ständig wechselnden Ländern, in diesem Moment in Deutschland. Danach wird er jedoch nach London zurückkehren und dort bei Memrise arbeiten.
Er organisiert zusammen mit Richard Simcott die jährliche Polyglot Conference in wechselnden Städten. Die nächste wird dieses Jahr in Reykjavik stattfinden.
Untenstehend findest Du in einer Kurzzusammenfassung die 5 wichtigsten Tipps von Alex zum Thema „Motivation beim Sprachen lernen“.
5 Tipps von Alex Rawlings für effektives Sprachen lernen
1. Lerne eine Sprache nur, wenn Du sie wirklich brauchst
Wenn Du eine Sprache einfach nur so lernst, wirst Du nicht die Motivation haben, um sie zu lernen. Und die richtige Motivation ist außerordentlich wichtig.
Du kannst Dir keine Sprache aussuchen, wie im Supermarkt und sie dann lernen. Du kannst nur dann eine Sprache lernen, wenn Du sie wirklich lernen willst.
Deshalb hat Alex auch bisher nur europäische Sprachen gelernt und keine asiatischen, weil sie für ihn nicht relevant waren.
Lerne deshalb nur die Sprache, die Du auch wirklich anwenden kannst und welche Du auch wirklich lernen willst.
Die richtige Motivation kannst Du Dir auch durch die folgende Übung sichtbar machen: Schreib Dir 10 Gründe auf, warum Du die Fremdsprache lernst und schau Dir diese Gründe an, wenn Du weniger motiviert bist.
2. Liebe Sprachen, um sie zu lernen
Alex liebt Sprachen und schaffst es deshalb jede einzelne Sprache zu lernen. Wenn Du eine oder mehrere Sprachen wirklich lernen willst, solltest Du die Sprache lieben.
Entwickele deshalb ein besonderes Interesse zu einer Fremdsprache, um sie effektiv zu lernen.
3. Integriere Sprachen in Deinen Alltag
Alex spricht 15 Sprachen und integriert jede einzelne von ihnen in seinen Alltag, um diese zu vertiefen.
Das kann ein Buch sein oder eine Fernsehserie in einer Sprache und ein Gespräch mit einem Muttersprachler in einer anderen.
Wenn es natürlich für Dich wird die Sprache in Deinem Alltag zu haben, lernst Du eine Fremdsprache schneller und brauchst auch nicht allzu viel Zeit dafür aufzuwenden.
4. Lerne jeden Tag ein bisschen
Statt einmal oder zweimal die Woche ganz viel zu lernen, solltest Du Dir lieber jeden Tag ein bisschen Zeit nehmen, um Deine Fremdsprache zu lernen.
Wenn Du startest lernst Du 30 Minuten jeden Tag z. B. aus einem Lehrbuch. 20 Minuten tagsüber und 5 Minuten morgens und abends, um den bisher gelernten Stoff zu wiederholen.
Diese Herangehensweise nutzt Du 3 Monate, um in die Sprache reinzukommen. Dann hast Du die wichtigste Basis und kannst anfangen sie anzuwenden, indem Du z. B. Gespräche in der Fremdsprache führst.
5. Finde die richtige Lernmethode für Dich
Alex hat Probleme sich Vokabeln mit Karteikarten oder mit einer App zu merken. Er lernt lieber Vokabeln im richtigen Gespräch.
Wenn er merkt ihm fehlt eine Vokabel, schaut er sie nach und versucht sie sofort anzuwenden. So schafft er es durch Anwendung, ohne aktives Lernen der Vokabeln, sich diese schnell zu merken.
Er kann sehr gut Grammatik lernen und tut dies aktiv, wenn er anfängt eine Fremdsprache zu lernen.
Das ist bei ihm so, weil es ihm wichtig ist, mit einer guten Grammatik und mit möglichst wenig Fehlern zu sprechen. Das muss aber nicht für jeden der Fall sein.
Probiere also für Dich verschiedene Methoden aus und schaue welche zu Dir am besten passen, mit welchen Du am effektivsten lernen kannst.
Er hat 5 Sprachen gebraucht bis er die für sich wirklich richtigen Methoden gefunden hat und lernt heutzutage eine Fremdsprache ganz anders im Vergleich zu dem wie er angefangen hat.
Anmerkung: Hier findest Du einen Überblick über 10 der bekanntesten Methoden zum Sprachen lernen.
Transkription vom Interview mit Alex Rawlings
Gabriel: Heute habe ich Alex Rawlings im Interview. Alex kommt aus Großbritannien. Er ist ein sogenannter Hyperpolyglott und spricht 15 Sprachen aktuell und das grade im Alter von 25. 2012 wurde er als Großbritanniens meistsprachiger Student ausgezeichnet. Er hat eine Zeitlang online Deutsch, Russisch, und Griechisch unterrichtet und lebt in ständig wechselnden Ländern, aber aktuell befindet er sich in Berlin und wird innerhalb der nächsten paar Wochen nach Großbritannien, nach London, zurückkehren und dort ein Job bei Memorise starten. Er organisiert zusammen mit Richard Simcott die jährliche Polyglott-Konferenz in sich ständig wechselnden Städten. Dieses Jahr findet sie in Reykjavik statt. Herzlich willkommen, Alex! Ich freue mich, dass du dabei bist!
Alex: Hallo! Ich freue mich hier zu sein.
Gabriel: Zunächst einmal, mit so einem jungen Alter, so viele Sprachen zu lernen, da muss man ja wirklich auf die effektivsten Methoden lernen, weil es gibt nicht besonders viel Zeit um innerhalb von ein paar Jahren 15 Sprachen zu lernen. Und das hast du auch gezeigt in dem Babel Eine-Stunde-Challenge, wo das Ziel war, innerhalb von einer Stunde, Rumänisch so gut wie es geht zu lernen. Also, was für Methoden hast du, die so effektiv sind, dass du es schaffst in so kurzer Zeit so viele Fremdsprachen zu lernen?
Alex: Also, Rumänisch gehört nicht zu den 15 Sprachen, die ich spreche, übrigens, aber, ja, weißt du, ich würde nur sagen, dass die effektivste Methode um eine Fremdsprache zu lernen ist wirklich Fremdsprachen zu lieben. Ich habe das immer gemacht, weil das für mich eine Leidenschaft ist. Ich will immer diese Fremdsprachen lernen, nicht nur deshalb, weil ich Fremdsprachen lernen will, sondern weil ich die Kulturen entdecken möchte, weil ich dort Leute kennenlernen möchte, und diese Fremdsprachen, diese Kulturen, diese Geschichte sind zu einem Teil meines Lebens geworden. Also, deshalb habe ich es gemacht, weil ich es einfach machen wollte.
Gabriel: Okay, Liebe für Fremdsprachen. Das ist natürlich sehr wichtig für Polyglotte, die sehr viele Sprachen lernen. Und wie sieht das jetzt aus für jemand der vielleicht nur eine Fremdsprache lernen will, seine erste Fremdsprache? Wie kann er diese Liebe herstellen oder wie kann er es schaffen, trotzdem motiviert zu sein die eine Fremdsprache zu lernen?
Alex: Also, man muss sich immer daran erinnern, dass es möglich ist eine Fremdsprache zu lernen. Das ist menschlich möglich. Man kann das einfach machen. Das braucht aber Zeit und, besonders wenn es die erste Fremdsprache ist, dann braucht man Zeit um verschiedene Methoden zu probieren und dann herauszufinden was für dich funktioniert und was für dich nicht funktioniert. Das habe ich so mit den ersten fünf Fremdsprachen gemacht und die haben richtig sehr lange gedauert. Aber nach der fünften habe ich mich besser kennengelernt als Sprachlehrer, Sprachlerner eigentlich, und deshalb ist es schneller geworden, weil ich wusste zum Beispiel, dass für mich Flash Cards überhaupt nicht funktionieren. Die helfen mir gar nicht. Und ich hatte auch versucht, wenn ich erstmal die Grammatik gelernt hatte und danach eine Vokabel hinzugefügt habe, und danach habe ich umgekehrt versucht, also, ja… ich habe schon vergessen, was ich sagen wollte, aber ich würde wirklich nur sagen, wenn du wirklich diese Fremdsprachen lernen möchtest, solltest du dich nicht auf die Zeit konzentrieren, sondern einfach auf den ganzen Prozess und den ganzen Prozess einfach genießen und Spaß damit machen.
Gabriel: Okay. Und du hast jetzt gesagt, du hast mehrere Methoden ausprobiert. Ich habe auch schon Interviews geführt. Das sagen viele. Also, bei jedem funktioniert eben eine Methode besser als die andere. Du hast jetzt zum Beispiel Karteikarten erwähnt. Was für Methoden hast du sonst noch ausprobiert, die bei dir vielleicht gut oder nicht so gut funktioniert haben?
Alex: Ja, also, eigentlich was Vokabeln betrifft, funktioniert überhaupt keine Methode für mich. Ich bin… Ich kann nicht einfach Vokabeln aufnehmen und memorisieren, wie man vielleicht denken würde. Ich kann das besser mit der Grammatik machen, aber mit Vokabeln muss das viel natürlicher sein. Also, die effektivste Methode für mich eine Vokabel zu lernen war einfach die Sprache zu benutzen und zu sprechen, also mehr Gelegenheiten auszusuchen, in denen ich die Sprache benutzen kann. Und in diesen Momenten habe ich dann verstanden, welche Worte ich brauche, welche Worte ich schon nicht gelernt habe, und aus diesen Erfahrungen habe ich dann die Vokabel besser gelernt.
Gabriel: Also, vor allem Vokabeln, relevante Vokabeln, die dir in einem Gespräch gefehlt haben.
Alex: Ja, genau.
Gabriel: Die hast du dann angewendet im Gespräch und hast sie so gelernt.
Alex: Ja, oder ich habe einfach im Gespräch verstanden, dass mir diese Vokabel fehlt. Also, dann habe ich es mir nachgeschaut und dann, weil es mir „memorable“… Wie würde man das auf Deutsch sagen?
Gabriel: Einprägend?
Alex: Einprägend, ja, weil zum Beispiel das Gespräch mir einprägend war, habe ich dann die Vokabel leichter gelernt. Ja, ich weiß nicht, wenn das Sinn macht, aber… ob das Sinn macht.
Gabriel: Ja, also, du hast die Vokabeln aus dem Gesprächskontext, die dir gefehlt haben, hast du sie dann im Gespräch angewendet und hast du sie so gelernt.
Alex: Ja, das ist einfach die Methode vom Lernen durch Benutzen oder Lernen durch Sprechen. Das finde ich am leichten einfach.
Gabriel: Okay. Und jetzt hast du gesagt deine ersten fünf Sprachen hast du noch… es war schwieriger für dich. Was ist so der größte Unterschied zwischen deiner ersten Fremdsprache und wenn du jetzt eine neue Fremdsprache lernst, von deiner Herangehensweise?
Alex: Wenn ich jetzt eine Fremdsprache lerne, bin ich sicherer, dass ich diese Sprache wirklich lernen kann, weil ich das schon viermal gemacht habe, also ich glaube das ist eine Frage der „Confidence“… Selbst…
Gabriel: Selbstbewusstsein?
Alex: Selbstbewusstsein, ja. Ich bin mehr selbstbewusster als mit der ersten fünf Sprachen, aber dann wird es immer schwieriger neue Sprachen zu lernen weil man weiß, dass man schon fünfzehn gelernt hast, die man immer noch sprechen sollte und lernen sollte, und ich finde es nicht so befriedigend einfach immer mehr neue Sprachen zu lernen. Ich möchte auch jetzt sagen „Okay, stopp! Ich möchte meine andere Sprache immer noch verbessern.“
Gabriel: Und jetzt sprichst du fünfzehn Sprachen. Also, ich bin bei sechs und ich habe schon zum Teil Schwierigkeiten die aktiv zu halten. Wie schaffst du es fünfzehn Sprachen nicht nur nicht zu vergessen, sondern auch dann noch zu verbessern? Also, wie gehst du hervor?
Alex: Ja. Also, diese fünfzehn Sprachen, die ich gelernt habe, die sind wirklich ein Teil meines Lebens. Ich habe Freunde aus den Ländern wo die Sprachen gesprochen werden und ich interessiere mich zum Beispiel für die Literatur, für die Kultur, also ich mache das ganz natürlich, dass ich zum Beispiel einen Film aus diesen Ländern sehe, oder ein Buch auf diese Sprache lese, oder ein Gespräch mit einem Freund oder einer Freundin aus dem bestimmten Land habe, wo ich die Sprache benutze. Also, ich benutze sie einfach, weil sie da sind und weil sie ein Teil meines Lebens sind. Und das ist auch eine sehr wichtige Frage, weil man immer die bestimmte Sprache entscheiden muss, die man weiß, dass man sie in der Zukunft verwenden wird. Also, ich sage immer, das ist nicht wirklich wie ein Sprachensupermarkt. Man kann sich einfach nicht die Sprachen auswählen und sagen „Okay, ich möchte jetzt Chinesisch, Thai, Russisch, und Hindi sprechen“, sondern das ist etwas sehr persönliches und man muss wirklich daran denken, welche Sprache haben für mich eine Bedeutung? Welche Sprachen werden für mich in der Zukunft wichtig sein? Und wenn man sich die richtige Sprache wählt, dann hat man eine größere Chance, dass man sie in der Zukunft auch weitersprechen wird.
Gabriel: Also du, einerseits, integrierst du die verschiedenen Sprachen in deinen Alltag.
Alex: Genau.
Gabriel: Um sie aktiv zu halten, also du machst viele verschiedenen Aktivitäten in den Fremdsprachen, die sonst viele Leute in ihrer Muttersprache machen würden.
Alex: Genau, ja. Zum Beispiel, Radio hören, Nachrichten gucken, Bücher lesen. Diese Aktivitäten, die man sowieso als täglich macht, mache ich auch, aber ich mache sie in verschiedenen Sprachen.
Gabriel: Ja, das ist eine sehr gute Möglichkeit die Sprachen aktiv zu halten, ohne aktiv Zeit darauf zu verwenden.
Alex: Genau.
Gabriel: Um was zu lernen. Und du organisierst jetzt diese „Polyglot Conference“, die jedes Jahr… Ich war noch nicht da. Ich glaube ich würde gerne dieses Jahr kommen und die Frage wäre – Du sprichst fünfzehn Sprachen. Das ist sehr viel, aber es gibt manche Leute, die sprechen 20, 30, 40, keine Ahnung wie viele Sprachen, die kommen auf diese Konferenzen. Und was sind so Dinge, die du von den gelernt hast? Gab es Erfahrung oder etwas, was du von jemand gelernt hast, der vielleicht doppelt oder dreifach so viele Sprachen spricht wie du?
Alex: Ja. Also, erstens muss ich sagen, dass die „Polyglot Conference“ nicht nur für Hyperpolyglotte ist. Sie ist auch nicht nur für Polyglotte. Die ist einfach für alle, die Sprachen lieben, und deshalb haben wir auch Leute da, die einfach eine oder zwei Sprachen sprechen, aber sich sehr für das Thema Sprachen interessieren und deshalb kommen sie. Aber es gibt ja auch Leute, die kommen, die wirklich viele Sprachen sprechen, und die habe ich dort kennengelernt. Aber ich muss wirklich sagen, dass ich davon auch… Ich hab’s bei ihnen bemerkt, dass sie nur die Sprachen lernen, die für sie etwas bedeuten. Also, die lernen einfach Sprachen, die sie lieben, die ein Teil ihres Lebens sind, und ich habe wirklich nicht diese Sprachensammler dort kennengelernt. Man lernt einfach die Sprachen, die einem interessiert.
Gabriel: Ja. Das ist immer sinnvoll nur die Sprachen zu lernen, die man auch wirklich anwenden möchte und nicht einfach um auf dem Lebenslauf zu schreiben „ja, ich spreche diese Sprachen“. Ich finde das mit dem Supermarkt, das ist ein sehr guter Vergleich, weil…
Alex: Ja.
Gabriel: Das machen viele. Ja, für meinen Arbeitgeber ich muss Französisch, und Spanisch, und Chinesisch können und deshalb lerne ich das jetzt. Das sehe ich auch oft, dass das die Leute sind, die es dann auch nicht schaffen.
Alex: Ja, deshalb habe ich zum Beispiel keine asiatischen Sprachen gelernt, weil ich habe keine Verbindung mit Asien, ich habe keine Verbindung mit China. Und wo ich jetzt in meinem Leben bin, habe ich gar nicht vor nach China zu reisen, also Chinesisch zu lernen wäre ganz zwecklos für mich. Vielleicht in der Zukunft wird das nützlich sein, aber jetzt reichen einfach die europäischen Sprachen und darauf kann ich mich richtig konzentrieren und die richtig lernen.
Gabriel: Und das dreht sich um das Thema Motivation oder die richtigen Gründe zu haben eine Fremdsprache zu lernen. Also, bei dir sind die Gründe ja klar. Du liebst Fremdsprachen. Aber was für Motivation siehst du noch vielleicht bei anderen Menschen, die auch noch eine Sprache lernen? Was sind so Gründe, die du für sehr sinnvoll hältst? Ich habe im Interview gesehen du hast gesagt jemand sollte sich zehn Gründe suchen, und warum jemand diese Sprache, warum der Sprachlerner diese Sprache lernen möchte.
Alex: Ja.
Gabriel: Was sind so typische Gründe, die du glaubst sind sehr gut um es wirklich zu schaffen die Fremdsprache zu lernen?
Alex: Ja, also die zehn Gründe sind wirklich eine gute Übung, wenn man sich die Sprache wählt. Aber, ja, für jemanden, der zum Beispiel die erste oder die zweite Fremdsprache lernt, es gibt verschieden Gründe, die gut sind. Zum Beispiel, ich glaube, dass heutzutage ist es cool geworden eine Fremdsprache zu lernen und nicht nur Englisch, sondern auch zum Beispiel Französisch, Spanisch, Deutsch. Ja, es ist nicht wichtig. Aber wir wohnen in einer globalisierten Welt in der wir wirklich miteinander kommunizieren möchten. Und das sehe ich sehr oft, dass es Menschen gibt, die wirklich eine zweite oder eine dritte Sprache lernen möchten, einfach weil sie sich fühlen, dass sie etwas vermissen einfach. Es gibt etwas im Leben, was sie nicht haben und zwar eine zweite oder dritte Sprache sprechen zu können, eine zweite oder dritte Kultur entdecken und kennenlernen zu können. Und, ja, das ist als Basis sehr gut. Das ist eine gute Motivation eine Fremdsprache zu lernen. Ja, wir haben auch… also, die Wissenschaftler und Forscher habe auch entdeckt, dass jeder, der eine zweite Sprache lernt, auch wenn man alt ist, auch wenn man jung ist, es ist nicht wichtig, einfach jeder, der einmal im Leben eine Fremdsprache lernt, bekommt viele Gesundheitsverbesserungen, etwas kreativ sagen. Zum Beispiel, „Dementia“… Wie wird man das auf Deutsch sagen? Weiß ich nicht.
Gabriel: Die was?
Alex: „Dementia“.
Gabriel: Oh, Demenz.
Alex: Demenz, ja. Demenz wird von durchschnittlich 4,5 Jahren verschoben bei allen, die eine Fremdsprache lernen. Es gibt wirklich sehr viele solche Vorteile davon und für mich reicht das einfach. Du weißt, dass eine Fremdsprache dein Leben bereichern wird, also mach es und lerne eine Sprache, die für dich nützlich ist und die dich wirklich interessiert.
Gabriel: Jetzt fällt mir auf, dass du Deutsch mit sehr wenig Fehlern sprichst, also Deutsch gilt als eine…
Alex: Das war nicht mein Eindruck, aber danke.
Gabriel: Also, natürlich machst du Fehler, aber bei weitem nicht so viele, wie man erwarten würde von jemand, der so viele Sprachen spricht und allgemein auch jemand, der Deutsch auch lernt. Also, die deutsche Grammatik gilt als sehr kompliziert.
Alex: Genau.
Gabriel: Diese Strukturen sind sehr komplex. Du musst die Wörter in die richtige Reihenfolge bringen und wenn die Sätze lang werden, dann wird das besonders kompliziert. Das schaffen auch viele Deutsche manchmal nicht. Also, ich sage auch manchmal Sätze und denke „Oh, das war jetzt bestimmt nicht richtig“. Also, und die Frage wäre jetzt – Wie schaffst du es dann auch bei einer Fremdsprache die Grammatik so gut zu beherrschen, dass du es schaffst dann auch quasi… also fehlerfrei oder mit wenigen Fehlern zu sprechen, also vor allem bei schweren Sprachen, bei schweren grammatikalischen Sprachen wie Deutsch?
Alex: Ja, also Deutsch habe ich seit Langem gelernt. Vielleicht sollte mein Deutsch viel besser sein als es im Moment ist. Also, ich lerne selbst Deutsch seit 12 Jahren und vier Jahre davon waren ganz intensiv an der Universität. Also, ich musste die Grammatik von Deutsch wirklich studieren. Aber für mich ist es wichtig weniger Grammatikfehler zu machen. Ich weiß, es ist nicht sehr wichtig. Man kann jemand sowieso verstehen, wenn sie Fehler machen, aber irgendwie hört es sich nicht so gut an, hört es sich unangenehm an, wenn man viele Fehler in der Sprache macht. Jemand hat mir in Russland gesagt. „Eigentlich habe ich nichts gegen Akzenten“, hat die gesagt. „Ich finde die eigentlich interessant, und toll, und exotisch, aber wenn jemand zum Beispiel Fehler in Russisch macht, dann mag ich das gar nicht. Das finde ich sehr unangenehm.“ Also, für mich ist das eine Priorität, weniger Grammatikfehler zu machen und darauf konzentriere ich mich. Wie ich schon gesagt habe, ich lerne hauptsachlich die Grammatik und dann füge ich Vokabel hinzu. Also, ich lerne erst die Struktur und dann alles was noch kommt. Das ist für mich eine Priorität, die Grammatik zu studieren und zu beherrschen und deshalb bin ich froh, dass du sagst, dass ich wenige Grammatikfehler auf Deutsch mache, aber ich bin sehr davon bewusst, dass ich trotzdem Fehler mache.
Gabriel: Natürlich, also ich glaube die Fehler komplett loszuwerden ist fast unmöglich oder dauert sehr, sehr lange.
Alex: Weißt du, aber was ich sehr motivierend finde ist, wenn man mit jemandem zum Beispiel aus Deutschland, der Englisch spricht und auch Fehler macht und auch einen Akzent hat, aber sich sowieso auf Englisch sich perfekt ausdrücken kann. Und dann denke ich, wow, wenn man nicht so Perfektionist ist und einfach sagt was man sagen kann, spricht was man sprechen kann, kann man wirklich sehr viel mit diesen Sprachen tun. Obwohl man zum Beispiel das nicht perfekt spricht und obwohl man Fehler macht, kann man sich wirklich ausdrücken, kann man sowieso das Hauptziel von Kommunikation erreichen. Also, das finde ich sehr motivierend. Das möchte ich auch auf Deutsch machen, obwohl das manchmal die Deutschen stört, dass ich Fehler mache und sie mich korrigieren möchten.
Gabriel: Ja, also in Deutschland ist alles sehr perfektionistisch. Uns wird in der Schule eingetrichtert, dass entweder wir lernen die Sprache perfekt zu sprechen, oder gar nicht. Das heißt, wenn jemand dann eine Sprache wirklich lernen will, dann sind seine Erwartungen immer „Ich lerne alles. Ich lerne jede Grammatikstruktur. Ich lerne jede Vokabel. Ich möchte alles perfekt fehlerfrei sprechen.“ Dass das nicht unbedingt notwendig ist, dass das fünfmal so lange dauert wie die Sprache so zu sprechen, wie du eigentlich sprechen solltest, das ist dann das Problem.
Alex: Ja, das ist ja wirklich eine Einstellung, die von der Schule stammt, glaube ich.
Gabriel: Ja.
Alex: Das haben wir in England auch. Zum Beispiel man weiß, dass wie viele Fehler man macht, so viele Punkte werde man verlieren, und diese Einstellung ist sehr, sehr negativ und sehr unhilfreich und die muss man als Erwachsene verlieren und man muss sich einfach daran gewöhnen, dass man Fehler machen wird, aber das ist ja nicht so schwer.
Gabriel: Ja, also vor allem, wenn man viele Sprachen lernen will.
Alex: Genau.
Gabriel: Ich bin mir sicher, wenn du alle deine Sprachen perfekt lernen wolltest, dann würdest du jetzt nur drei, oder vier, oder fünf Sprachen sprechen.
Alex: Genau. Genau. Und das machen viele Leute, und die machen das sehr gut, aber für mich war das gar nicht das Ziel. Ich bin kein Perfektionist. Mir ist es eher wichtiger, dass ich mich in vielen Sprachen irgendwie ausdrücken kann und viele Kulturen kennenlernen kann als zum Beispiel Experte in zwei oder drei Sprachen werden. Das ist mir eher ganz wichtig.
Gabriel: Also, es hängt vor allem von Ziel ab.
Alex: Genau.
Gabriel: Möchtest du mit Leuten sprechen oder möchtest du mit Leuten philosophische Debatten fehlerfrei führen. Das ist…
Alex: Ja. Man kann also beider wollen.
Gabriel: Ja.
Alex: Aber… Aber das ist in vielen Sprachen machen zu können, das dauert einfach und man muss auch realistisch sein.
Gabriel: Ja.
Alex: Zum Beispiel, einer meiner Freunde, Emanuele Marini, der auch auf diesen Konferenzen ist, der spricht ungefähr 35 Sprachen, aber der macht ganz vielen Fehler in allen seinen Sprachen, ganz viele Fehler. Und zum Beispiel wir waren zusammen in Oslo und der hat Norwegisch gesprochen und er kann Norwegisch fast nicht sprechen, also es ist so schlecht, aber er hat sowieso versucht und es ist einfach nicht angenommen, dass man mit ihm Englisch spricht, und er hat’s geschafft, und das war für mich sehr beindruckend, weil ich gedacht habe, wow, ihm ist es einfach egal, dass er Fehler macht. Er will einfach die Sprache benutzen, und weil er die Sprache benutzt, wird es besser.
Gabriel: Ja, ja. Das ist schwer, denn die Sprache mit Muttersprachler zu sprechen, wenn die sofort mit dir auf Englisch sprechen, um es einfacher zu machen, weil es für die einfach zu schmerzvoll ist.
Alex: Genau. Ich glaube für ihn ist es eigentlich einfacher, weil er Italiener ist, also er kann sagen „ich verstehe kein Englisch“. Für mich aber als Engländer mit deutlichem englischen Akzent ist es eher schwieriger zu sagen „ich verstehe dein Englisch nicht“.
Gabriel: Also, wenn du Deutsch sprichst, von dem Akzent würde ich jetzt nicht sagen, dass du Engländer bist. Es hört sich so ein bisschen an wie eine Mischung von Französisch und Russisch.
Alex: Ach, sehr schön.
Gabriel: Das… ich…
Alex: So, zwischendrin befindet sich Deutschland, zwischen Frankreich und Russland.
Gabriel: Ja. Also, das ist so, was mir… was ich jetzt höre. Also, du hast definitiv nicht den typischen Engländerakzent.
Alex: Okay. Das freut mich.
Gabriel: Ja. Und noch eine Frage. Dieses Jahr bringst du dein erstes Buch raus zum Thema Sprachenlernen.
Alex: Ja.
Gabriel: Was sind so ein oder zwei der wichtigsten Lektionen, die man daraus lernen würde? Oder was sind deine über diese ganzen Jahre, die du Sprachen gelernt hast, was sind deine wichtigsten Lektionen jetzt? Wir haben schon über ein paar gesprochen.
Alex: Ja.
Gabriel: Vielleicht etwas anderes, was du im Buch dann vermittelst.
Alex: Ja, also das Kapitel über Zeit und „Time Management“, Zeitmanagement… weiß ich nicht auf Deutsch.
Gabriel: Zeitmanagement.
Alex: Zeitmanagement, schön. Das ist… das finde ich sehr hilfreich. Das ist wirklich sehr praktisch für die, die Sprachen lernen, weil ich dann so beschreibe, wie man sein Jahr, sein Studienjahr, zum Beispiel strukturieren kann, so dass man immer einen Vorsprung macht und, ja, da beschreibe ich einfach, wie man sich zuerst drei Monate nehmen muss um die Basis einer Sprache zu lernen, um die Grammatik zu lernen, und dann muss man einfach jeden Tag bis eine halbe Stunde studieren um das zu machen. Aber danach geht’s einfacher und dann man kann mehr darüber im Buch lesen. Ich gebe viele Tipps, wie man dann auch weiter eine Sprache lernt damit man es nicht immer vergisst und damit es lange… Also, es geht einfach um langfristigeres Lernen im meinem Buch und ich beschreibe einfach die vielen Methoden, viele Lektionen, die ich im Verlauf meines Lebens als Sprachenlerner gelernt habe und mit verschiedenen Themen, wie zum Beispiel Bücher lesen und Podcast anhören und… ja.
Gabriel: Und jetzt sagst du „studieren 30 Minuten“. Was würdest du dann machen? Aus dem Lehrbuch lernen oder was würdest du während dieser 30 Minuten?
Alex: Ja, eine Mischung. Für mich sind Lehrbücher sehr wichtig. Ich mag sie sehr und ich benutze sie immer. Also, was ich mit dieser Zeit machen würde, ich würde so 20 Minuten nehmen um etwas neues aus dem Buch zu lernen und dann fünf Minuten am Morgen, fünf Minuten am Abend, das wiederholen und das wieder durchlesen damit ich es mir erinnern kann. Das kann auch länger sein. Das kann eine Stunde sein, aber es kommt wirklich auf deinen Umständen an und wie viel Zeit du dafür frei hast. Aber was ich sage ist, dass in den ersten drei Monaten ist es wirklich die wichtigste Zeit jeden Tag etwas zu machen.
Gabriel: Okay. Ja, also lieber jeden Tag ein bisschen als einmal die Woche.
Alex: Ja.
Gabriel: Das ein, zwei Stunden oder so.
Alex: Ja, es ist genauso mit Bewegung und mit Joggen zum Beispiel. Manchmal kann man so 45 Minuten Joggen gehen, manchmal kann man nicht, aber es ist sowieso besser einfach spazieren zu gehen als einfach auf dem Sofa zu sitzen. Sogar, wenn man fünf Minuten lang bis zum Laden zurück geht, dann ist das besser. Man macht immer wenigstens ein bisschen Fortschritt, ein bisschen… Wie würde man das sagen? „Progress“. Fortschritt ist es oder…
Gabriel: Fortschritt.
Alex: Fortschritt oder… Ja, es ist immer besser etwas zu machen, auch wenn es sehr klein ist, als nichts zu machen. Wenn man nichts macht, dann geht man zurück.
Gabriel: Ja. Ja, super. Hast du noch irgendetwas, was ich dich nicht gefragt habe oder was du hinzufügen möchtest?
Alex: Nein, ich glaube deine Fragen waren ziemlich ausreichend. Hast du noch Fragen für mich oder…
Gabriel: Ich bin mit allen durch.
Alex: Gut.
Gabriel: Ja, super. Dann danke ich dir vielmals für dieses Gespräch. Das war sehr aufschlussreich.
Alex: Danke, Gabriel!
Gabriel: Und dann wünsche ich dir viel Erfolg mit deinem neuen Job mit Memrise.
Alex: Danke schön!
Ich hoffe Dir hat mein Sprachheld-Interview mit Alex Rawlings zum Thema „Motivation zum Sprachenlernen“ genauso Spaß gemacht wie mir und Alex. Über Anregungen, Bemerkungen, Ratschläge oder auch einfach nur Lob von Dir in den Kommentaren würde ich mich natürlich wie immer sehr freuen. Dein Gabriel Gelman und das Sprachheld-Team.
Alex hat gesagt;
„Wie ich schon gesagt habe, ich lerne hauptsachlich die Grammatik und dann füge ich Vokabel hinzu. Also, ich lerne erst die Struktur und dann alles was noch kommt. Das ist für mich eine Priorität, die Grammatik zu studieren und zu beherrschen…
Ich kann nicht einfach Vokabeln aufnehmen und memorisieren, wie man vielleicht denken würde. Ich kann das besser mit der Grammatik machen, aber mit Vokabeln muss das viel natürlicher sein.“
Da geht es mir genauso.
Wenn ich Polnisch lerne, ist es mir wichtig, korrekt zu deklinieren und zu konjugieren. Nicht dass ich absolut keine Fehler machen will, aber ich will versuchen, das richtig zu machen.
Ich finde ich es zum einen interessant, die Deklination und Konjugation zu lernen, indem ich die Systematik hinter den Deklinations- und Konjugationsregeln herausfinde, bzw. in Form eigener Regeln formuliere.
Zusätzlich notiere ich zu den Deklinations- und Konjugationsmustern Merksätze (Sätze, die ich gehört, gelesen, selbst gesagt oder geschrieben habe, die also mit einer Situation verbunden sind, die ich erlebt habe). Diese Merksätze lerne ich auch z. T., in anderen Fällen merke ich sie mir automatisch, aufgrund der damit verbundenen Situation.
In diesem Zusammenhang lerne ich ‚implizit‘ viele Verben und andere Wörter, also auch Vokabeln.
Aber explizites reines ‚Vokabellernen‘ mache ich nicht.
Manfred
Hallo Manfred,
vielen Dank für Deine umfangreiche Ergänzung.
Wie Alex auch schon sagt, funktioniert bei jedem Sprachenlernen anders. Ich fande es auch interessant, dass Alex so viel Wert auf Grammatik legt.
Am wichtigsten ist natürlich, dass Lernen Spaß macht. Und wenn für Dich Vokabellernen nicht so gut funktioniert, Grammatiklernen aber schon, dann ist das doch super, wenn Du das so machst.
Viele Grüße
Gabriel