Deutsche Sprache, schwere Sprache: Oder – wie schwer ist es Deutsch zu lernen? Ein Erfahrungsbericht!

Hallo – mein Name Fabrício Carraro, ich komme aus Brasilien und spreche mittlerweile zwischen neun und vierzehn Sprachen – abhängig von meiner Tagesform und davon, was es Eurer Meinung nach bedeutet, eine Sprache „fließend zu sprechen“.

Derzeit arbeite ich für Alura Lingua (eine brasilianische Sprachlernplattform). Hier hatte ich die Herausforderung auf der Grundlage meiner Erfahrung als Sprachlerner den bestmöglichen Englischkurs für Brasilianer zu entwickeln. Das schließt das Konzept, die Methode, die Lektionen, Videos und natürlich auch Übungen mit ein.

Im Laufe der Jahre habe ich viel Erfahrung mit dem autodidaktischen Erlernen von Fremdsprachen gesammelt, und Deutsch ist einer meiner letzten Erfolge gewesen.

Deutsch lernen Challenge Sprachheld

Doch zurück am Anfang: Wie fing bei mir alles an?

Deutsch schien für mich immer der Gipfel eines unerreichbaren Berges zu sein. Wenn man im Laufe der Zeit immer wieder Zitate wie „Das Leben ist zu kurz, um Deutsch zu lernen“ hört und Memes wie das des Schmetterlings sieht, dann hilft das sicherlich nicht. Ja, man könnte sagen, dass Deutsch mein Mount Everest war.

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Dass Deutsch sehr schwer (wenn nicht sogar unmöglich) zu lernen ist, ist auch immer wieder Inhalt von lustigen Memes in den sozialen Netzwerken. Wie dieses hier, welches wir auf unserem FB-Profil veröffentlicht haben.

Aber lasst mich zuerst etwas Sauerstoff einpacken. Meine erster Versuch es zu lernen war im Jahr 2009, als ich noch ein Informatikstudent an einer renommierten brasilianischen Universität war. Mir fehlten damals jedoch zwei der wichtigsten Dinge beim Selbststudium: eine echte Motivation und vor allem Disziplin.

Zuerst versuchte ich es auf eigene Faust mit einem Buch des berühmten Verlags Assimil. Es klappte nur leider nicht. Dann habe ich mich für einen regulären Kurs am Institut für Linguistik angemeldet. Aber auch das funktionierte nicht.

Hauptsächlich, weil es mir an Zeit und Motivation fehlte. Und auch wegen der altmodischen Methoden des Lehrers, die mich (und mindestens die Hälfte der Klasse) sehr schnell zum Einschlafen brachten.

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Deutsch ist schwer zu lernen – nein unmöglich! Oder?

Trotzdem glaube ich, dass ich selbst in Wirklichkeit die Schuld daran hatte. Ich war erst ein Anfänger im Sprachen lernen und hatte noch keine eigenen Methoden entwickelt; doch dann begann sich alles zu ändern. Langsam, aber stetig.

Spulen wir schnell sechs Jahre vor. Zu diesem Zeitpunkt war ich Junior Software Developer und arbeitete bei einem der führenden Internetunternehmen in Brasilien; und ich war definitiv kein “Junior Language Learner” mehr.

Ich hatte unzählige Abende damit verbracht zu erforschen, wie man Fremdsprachen schnell lernt und wie man sich am besten eine neue Sprache beibringt. Und all die Dinge, die auch andere Sprachschüler wie ihr gerne tut.

In meiner Forschung fand ich heraus, wie man Assimil richtig verwendet – Assimil war und ist immer noch eine der beliebtesten Methoden zum Selbststudium unter Polyglotten. Ich habe auch mehr über Anki erfahren, eine Karteikarten-App, die in diesem Umfeld ebenfalls sehr gelobt wird.

Ich wendete diese und einige andere Techniken am, um mein Russisch-Niveau erfolgreich zu verbessern. Und später lernte ich auch Französisch bis auf ein recht anständiges Niveau. Ich war definitiv viel geschulter als sechs Jahre zuvor. Und nachdem ich auch ein bisschen mit Japanisch experimentiert hatte, entschied ich, dass es an der Zeit war mich noch einmal an diesem großen Berg zu versuchen.

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6 Jahre nach meinen ersten (gescheiterten) Versuch wagte ich mich noch einmal an meine bisher größte Herausforderung: Deutsch zu lernen!

Die wichtigsten Faktoren, um eine Sprache zu lernen: Lasst uns über Zeit und Motivation reden!

Ich brauchte Zeit – und zum ersten Mal seit langem hatte ich viel davon. Ich hatte gerade meinen Job gekündigt, um nach Italien zu fahren und meine italienische Staatsbürgerschaft zu bekommen. Das ist eine andere (und etwas längere) Geschichte, aber was zählt ist, dass ich plötzlich vier Monate Zeit hatte – ohne viel Arbeit und voller Reisen, die ich von Italien aus unternahm.

Kurz vor meinem Umzug nach Italien besuchte ich das Polyglot Gathering 2015 in Berlin und war plötzlich fasziniert von der polnischen Sprache. Gleichzeitig entschloss ich mich, endlich die Sprache von Goethe und Nena zu lernen.

Meine Strategie war: Ich kaufte die Assimil-Bücher sowohl für Polnisch als auch Deutsch. Jeden Nachmittag lernte ich für ungefähr eine Stunde eine Lektion aus jedem Buch. Mein Ansatz war:

  1. Zuerst hörte ich die Audioaufnahme ein paar Mal an, ohne ins Buch zu schauen.
  2. Dann hörte ich die Audioaufnahme erneut an und gleichzeitig las ich den Text (laut) mit.
  3. Danach las ich die Übersetzung, um mich zu vergewissern, dass ich den gesamten Text verstanden hatte.
  4. Als Nächstes hörte ich die Audioaufnahme erneut an, diesmal wieder ohne ins Buch zu schauen. Außerdem stellte ich sicher, dass ich jedes Wort verstand.
  5. Zuletzt las ich die Grammatikerklärungen.

Am nächsten Tag hörte ich mir zunächst noch einmal die Audioaufnahme der letzten ein oder zwei Lektionen an, um sie im Gedächtnis zu behalten. Und dann nahm ich den gleichen Vorgang wie oben für die nächste Lektion vor.

Dieser ganze Vorgang dauerte ungefähr 20 Minuten pro Sprache. Danach fügte ich die neuen Wörter zu meinen polnischen und deutschen Decks auf Anki hinzu – immer mit einem Beispielsatz, da das Lernen von Vokabeln im Kontext viel besser funktioniert als isoliert. Diese Aufgabe dauerte zusätzlich 15-20 Minuten.

Außerdem suchte ich online nach Muttersprachlern in Sprachaustausch-Apps wie HelloTalk und Tandem, um zu üben, was ich täglich lernte.

Aber warum spreche ich in einem Artikel über Deutsch so viel über Polnisch? Nun, während es extrem einfach war Polen zu finden, die bereit (und glücklich) mit mir zu chatten, gestaltete es sich extrem schwierig ebensolche Deutsche zu finden.

Ich bin mir nicht sicher, ob sie damals einfach nicht daran interessiert waren, mit jemandem zu sprechen, dessen Deutsch noch ziemlich einfach gestrickt war. Auf jeden Fall das war meine Erfahrung. Aus diesem Grund wurde meine Motivation Polnisch zu lernen immer größer. Während meine Motivation Deutsch zu lernen, die sowieso nie unglaublich gigantisch war, immer kleiner wurde.

Am Ende konnte ich in ca. 6 Monaten das gesamte Assimil-Buch durcharbeiten und mein Deutsch auf ein hohes A2- oder ein sehr niedriges B1-Niveau bringen. Ich war enttäuscht, weil ich wusste, dass ich es viel besser hätte machen können. Aber es hatte nicht geklappt, vor allem wegen meines Mangels an Übung mit Muttersprachlern und meiner geringen Motivation.

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Um eine Fremdsprache sprechen zu lernen, musst Du vor allem eines – sie sprechen. So einfach, so schwer – denn vor allem als Anfänger ist es nicht so leicht einen geeigneten Gesprächspartner zu finden.

Endlich Erfolg beim Deutsch lernen: Warum wendete sich das Blatt letztendlich?

Zehn Monate nach dieser halb misslungenen halb erfolgreichen Erfahrung wurde ich von einer deutschen Firma eingestellt. Ich hatte beschlossen Brasilien zu verlassen und für eine Weile in Europa zu leben. Und obwohl ich Lebensläufe in verschiedene Länder geschickt hatte, fiel die Entscheidung letztendlich auf Deutschland. Der Berg rief mich wieder.

Jetzt denkt Ihr sicher: Aber natürlich! Er hat in Deutschland gelebt und gearbeitet. So schafft es jeder!

Also, ja und nein. Meine Freunde außerhalb der Arbeit waren meistens Ausländer – etwas, was andere Expats sicherlich auch oft so erlebt haben. Die Firma, die mich einstellte, hatte Angestellte verschiedener Nationalitäten. Aus diesem Grund war die offizielle Arbeitssprache Business-Englisch.

Eigentlich konnten nur sehr wenige von ihnen Deutsch. Ich hatte Kollegen, die seit über fünf Jahren in Deutschland lebten und arbeiteten und nicht mehr als „Bitte!“, „Entschuldigung!“ und „Danke!” sagen konnten.

Ich möchte niemanden kritisieren, aber ich wollte das definitiv nicht für mich. Nach einiger Zeit entschloss ich mich, mich für einen Sprachkurs an einer VHS (das sind sozusagen öffentliche Hochschulen, die es in den meisten deutschen Städten gibt) anzumelden. Zuerst nahm ich an zwei Abenden pro Woche am B1-Kurs teil, was mir definitiv nicht gefiel. Dann entschied ich mich für All In.

Nachdem ich den B1-Kurs beendet hatte, meldete ich mich für den B2-Kurs in einem intensiven Modus an: während sechs Wochen lernte ich 4 Stunden täglich. Und nicht nur das, sondern ich kam nach dem Kurs auch nach Hause zurück und fügte alle unbekannten Wörter zu meinem Anki-Deck hinzu – insgesamt verbrachte ich also täglich mindestens 5 Stunden mit Deutsch.

Es war tatsächlich sehr intensiv und das hat mir sehr gefallen. Zum ersten Mal war ich wirklich in die Sprache und in die Kultur eingetaucht (= Immersion) – die meisten meiner Mitschüler konnten kein Englisch, was zusätzlich half.

Nach dem B2-Kurs war ich so motiviert, dass ich mich sofort für den C1-Intensivkurs anmeldete. Stellt euch das vor: 12 Wochen Deutsch lernen, ungefähr 5 Stunden pro Tag. Ich hatte immer noch nicht viele deutsche Freunde, aber ich war eingetaucht und das war das Wichtigste.

Meine Disziplin, meine Motivation und mein Deutschniveau nahmen exponentiell zu und ich hätte nicht zufriedener damit sein können. Am Ende des Kurses bestand ich die C1-Prüfung mit der Note Gut – was weit mehr war, als ich drei Monate zuvor erwartet hätte. Ich war endlich da. Mount Everest, du gehörst jetzt mir!

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Endlich hatte ich mein Ziel erreicht – ich konnte mich problemlos auf Deutsch verständigen!

Zusammenfassung: Deutsche Sprache, schwere Sprache – ein Erfahrungsbericht!

Frage: Bedeutet das, dass du in Deutschland leben musst, um Deutsch zu lernen? Überhaupt nicht!

Ich verstand, dass das Wichtigste für das Erlernen einer komplexen Sprache wie Deutsch ist:

  1. Motivation: Du musst wissen, warum Du die Sprache lernen willst. Falls du nicht im Land lebst, streng Dich (mehr als ich) an, Freunde zu finden – oder alles andere, was Dich motivieren könnte.
  2. Disziplin: Das ist zwar offensichtlich, aber dennoch erwähnenswert. Wenn ich nicht mindestens eine Stunde mit der Wiederholung der Lektion des Tages, mit dem Hinzufügen neuer Wörter in Anki und ihrer Wiederholung usw. verbracht hätte, hätte ich definitiv nicht so sehr von diesem Kurs profitiert – einige Mitschüler können wohl ein Lied davon singen!
  3. Immersion: Nochmal – im Land zu leben ist nicht das Wichtigste. Ich hätte den gleichen Immersionsprozess in Brasilien, Italien oder Japan durchführen können.

Falls du keinen Intensivkurs findest, gibt es noch viele andere Möglichkeiten:

  • Du kannst einen Sprachtutor auf einer Webseite wie Italki buchen,
  • ein Dialog- oder Grammatikbuch verwenden, wie ich es am Anfang gemacht habe,
  • mit muttersprachlichen Tandempartnern chatten,
  • Filme und Serien auf Deutsch schauen,
  • eine Menge deutsche Musik hören usw.

Ein paar Tipps sind hier Nicos Weg und Extra. Produktionen, die speziell für Deutsch-Anfänger gemacht wurden.

Fazit: Du musst die Fremdsprache im Grunde einfach zu einem großen Teil Deines Lebens machen und dann wirst Du bald Ergebnisse sehen.

Dank alledem konnte ich endlich

  • ein paar echte deutsche Freunde finden,
  • mit meinem Vermieter sprechen, als ich ein Problem im Haus hatte,

und mit Leuten auf eine Weise eine Verbindung herstellen, die nur mit Englisch nicht möglich gewesen wäre.

Durch das Beherrschen der Landessprache hat man einfach einen ganz anderen Zugang zum Land und seinen Leuten. Egal, ob dies in Deutschland, Österreich, der Schweiz oder in einem anderen der über 190 Länder der Welt sein sollte.

Und was ist mit Dir? Was machst Du, um Deutsch zu lernen? Welche Methode oder welchen Online-Sprachkurs benutzt Du? Glaubst Du immer noch, dass Deutsch schwer zu lernen ist? Lass es mich in den Kommentaren wissen! Und wie hat Dir übrigens mein Beitrag bzw. meine Geschichte gefallen – hinterlasse mir doch gerne einen Kommentar.

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Gabriel Gelman ist Gründer von Sprachheld, Sprachenthusiast und nutzt gerne seine 6 Sprachen für Reisen und Kennenlernen neuer Leute. Er hilft Sprachlernern dabei schnell ihre Fremdsprache zu lernen.

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